überlegungen zum manifest

grundsätzlich denke ich, dass kunst ohne ironie nicht auskommt. ironie bedeutet für mich persönlich distanz, aber eine virtuose distanz. ironie resultiert aus erkenntnis und der erkenntnis geht voraus, dass man etwas erfahren hat, dass die eigene menschliche existenz berührt, bewegt oder erschüttert hat, folglich eine undistanzierte erfahrung, die nachvollzogen werden will, damit man sie versteht, damit man sie auch einem betrachter verständlich machen kann. ironie ist eine methode mit der man mehrdeutigkeit möglich macht. jenseits der ironie gibt es keine bewegung, keinen austausch. das kommt einer art von regression gleich. wo dann das sinnvolle in der kunst bleibt? aber das ist auch nur meine meinung.
wenn ironie allerdings nicht mehr als gabe, sondern als fluch aufgefasst wird, wenn ironie zur lebensform wird, dann ist man wohl von allem und jedem weit weg und isoliert.
ein manifest wird aus einer not heraus verfasst. denke ich zumindest. das hier ist ja auch offensichtlich das erste von weiteren manifesti, die noch folgen werden. ich bin gespannt, was das wird. wir müssen ja alle schauen, wie wir durch die nacht kommen. so denke ich gerade.
klar ist natürlich auch, das jenseits von not etc. der gegenwärtige trend natürlich in richtung reue, mea culpa, was ist wesentlich und diese dinge geht. vielleicht ist das ja auch für euch, die ihr darauf gezwungen seid, trends zu erkennen und zu bedienen, wesentlich.
schön wäre es allerdings, wenn postirony die möglichkeit eröffnen würde, selber trends zu generieren, einfach die themen zu verfolgen, die euch interessieren, statt ewig erwartungen seitens der rezipienten entsprechen zu müssen. ich kann mir vorstellen, dass das lästig werden kann, immer spotten, provozieren oder brilliant zu müssen. daraus entsteht bestimmt ein gefühl von festgelegtsein und darunter leidet natürlich die künstlerische freiheit.
auch kann ich mir vorstellen, dass sowohl die kunstproduktion, wie auch die präsentation bei weitem nicht den grad an befriedigung erfährt, den sie haben könnte, müsste man nicht ständig so sein, wie die öffentlichkeit einen haben will.
ich bin folglich gespannt, was das für neue kunstprojekte sein werden, die im zeichen der postironie stehen. meinen ironischen blick darauf kann ich mir wahrscheinlich nicht sparen. ich glaube aber nicht, dass mich dieser blick behindert oder einschränkt. wie bereits gesagt empfinde ich ironie als eine methode bestimmte dinge, wie kunst z.b. für mich zu dechiffrieren. ausserdem ist ironie nie feindselig oder bitter. das wäre dann eher sarcasm oder gar cynicism.

2 Gedanken zu „überlegungen zum manifest“

  1. In Deinen Ausführungen finde ich wesentliche Grundgedanken der Postironie wieder. Ich glaube nicht das es um die Abschaffung der Ironie geht. Schon im Wort Postironie ist das Wort Ironie enthalten. Ist es also schon im Wort anwesend, so ist die Ironie auch mitgedacht. Ironie, welche wiedersprüchliche Bewegungen der Wahrheit zu einen weiß, weißt auf das was Postironie fordert, wenn es um Wahrheit, Schönheit und Liebe geht.

  2. der definition von ironie als eine „methode mit der man mehrdeutigkeit möglich macht“ würde ich zustimmen. ich sehe wie du auch eine gewisse chance und freiheit in dieser methode.a bgesehen davon gefällt mir die ironie in maßen (und das muss ich zugeben in kleinen happen vielleicht auch sadismus und zynismus) schon allein ihres unterhaltungs- und humorwerts wegen.

    aber wozu benötigen wir denn die ironische mehrdeutigkeit? warum gibts sie uns irgendwie beruhigende freiheit? ich denke weil sie uns in vielen fällen eine annäherung an bestimmte dinge überhaupt erst/nur möglich macht. so glaubt man zumindest. und weil man das gefühl hat, sich eine mehrdeutige sicht auf dinge ohne ironie gar nicht erlauben zu dürfen.
    (eigentlich wäre es doch auch ganz schön, wenn es selbstverständlich wäre, dass man durch das einnehmen einer position gar keine andere deutung ausschließt, eine mehrdeutigkeit also gar nicht erst über umwege erreicht werden muss, sondern vorausgesetzt würde.)

    an dieser stelle könnte meiner meinung nach ziemlich ausgiebigem ironiegebrauch durchaus mal eine weiterentwicklung gewagt werden (daher ja auch „postironie“ und nicht „antiironie“). denn die ironie hat sich als halbwegs sicher herausgestellt, aber wer kann schon von sich behaupten er hätte mal ernsthaft ausprobiert, ob er sie überhaupt braucht. schön, dass man nicht mehr immer nur laufen muss. aber was passiert wohl, wenn man dem fahrrad einfach mal die stützräder entfernt?

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